Was gilt denn nun? Wenn AGB sich kreuzen ……

Erinnern Sie sich? Letzte Woche habe ich gefragt, wessen AGB denn gelten, wenn ein Unternehmen ein schriftliches Angebot macht und darin ausdrücklich auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweist und ein anderes Unternehmen dieses Angebot mit dem Satz „Es gelten unsere Einkaufsbedingungen.“ annimmt. Wenn man sich die Situation vor Augen hält, dann sagt der Empfänger des Angebots weder einfach „ja“ (und nimmt damit das Angebot an) noch „nein“ (und lehnt das Angebot damit ab), sondern „ja, aber …..“ – ja, ich will gerne mit Dir zusammenarbeiten/bei Dir bestellen – aber nur zu meinen Bedingungen. Was aber passiert bei einem solchen „ja, aber ….“.

Die Wirkung des „ja, aber …..“
…. war lange Zeit umstritten. Früher ging man in diesem Zusammenhang von der „Theorie des letzten Wortes“ aus – wer sich also zuletzt auf „seine“ AGB berief, dessen AGB galten. Erklärt hat man das wie folgt:

A macht B ein Angebot unter Hinweis auf die AGB von A.
B schreibt an A, daß er/sie das Angebot von A unter Einbeziehung der AGB von B annimmt.
Rechtlich sollte dabei folgendes passieren:
B lehnt das Angebot von A mit den AGB von A ab.
B unterbreitet A ein neues Angebot – mit den AGB von B.
Führt A jetzt – ohne weitere Reaktion – den Vertrag durch, so hat A das geänderte Angebot von B (mit den AGB von B) angenommen.
Wenn man dieses Prinzip weiterdenkt, so müßte A jetzt wiederum schreiben „gerne führe ich die Bestellung aus, es gelten meine AGB“.
Jedenfalls führt die Theorie des letzten Wortes zu der absurden Situation, daß A und B zwar eigentlich zusammenarbeiten wollen, aber rechtlich immer wieder gegen die AGB des/der jeweils anderen protestieren müssen.

Heute behandelt man die rechtliche Situation (glücklicherweise) anders. Soweit die Vertragspartner sich an die Umsetzung des Vertrages machen, gilt grundsätzlich folgendes:
– der Vertrag ist wirksam zustande gekommen (auch wenn beide sich jeweils auf ihre eigenen – unterschiedlichen – AGB berufen)
– soweit die AGB von beiden Vertragspartnern übereinstimmen, werden sie Vertragsinhalt (sogenanntes Prinzip der Kongruenzgeltung)
– soweit die AGB sich widersprechen, werden sie nicht Vertragsinhalt – statt dessen findet die gesetzliche Regelung Anwendung.

Beispiel:
A schreibt in seinen/ihren AGB, daß Rechnungen innerhalb von einer Woche bezahlt werden müssen. A hat nämlich schon schlechte Erfahrungen gemacht.
B hat auch schon einige Erfahrungen gesammelt und schreibt deshalb in seinen/ihren AGB, daß Rechnungen erst nach einer einmonatigen Prüfzeit und dann innerhalb von 6 Wochen bezahlt werden.
Da diese Regelungen sich widersprechen findet hier die gesetzliche Regelung Anwendung, nämlich § 286 Absatz 3 BGB.

Die Antwort auf die Frage von letzter Woche ….
Der Existenzgründer E kann natürlich – ganz ausdrücklich – die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen U „ablehnen“. Dann kommt zwischen E und U kein Vertrag zustande. In der Praxis passiert das jedoch eher selten. Oft denkt E gar nicht über diese Frage nach, sondern freut sich über den erteilten Auftrag. Soweit E sich jetzt aber an die Arbeit macht, gelten die AGB von E und U nur soweit sie übereinstimmen, jedoch nicht soweit sie einander widersprechen.

Warum ist das wichtig?
Wenn ich von vornherein weiß, daß ich mit (größeren) Unternehmen zusammenarbeite, die AGB beziehungsweise Einkaufsbedingungen verwenden, dann kann ich durch die Verwendung eigener AGB/Einkaufsbedingungen den Vertragsinhalt auch ohne Vertragsverhandlungen beeinflussen. Es kommt dann – aufgrund der oben geschilderten Wirkung – zu einer Anwendung der gesetzlichen Regelungen und nicht zu einer Anwendung von Regelungen, die nur für einen der beiden Vertragspartner vorteilhaft sind.
Die Verwendung von AGB kann in diesem Zusammenhang durchaus sinnvoll sein.

Die neue Frage ….
Was passiert eigentlich, wenn E (Ausgangslage wie in der Frage von letzter Woche) einfach schweigt, wenn B den Liefertermin ändert (zum Beispiel: 05.05.2014 statt 19.05.2014).

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